Biographie
In Frankfurt in bürgerlicher Umgehung aufgewachsen, ergriff Irene Kau zunächst einen ebenso
bürgerlichen Beruf, bevor Sie 1962 erste Erfahrungen mit der Ölmalerei machte. Hiernach entschied
Sie sich für die Künstlerlaufbahn. Durch die Teilnahme an verschiedenen Kursen - etwa im
Liebighaus mit dem Thema Experimentelle Malerei` oder in der Städelschule in der Klasse von
Herrman Nitsch und das Studium bei Hans Wucher rundete sie Ihren Stil ab.
Grundsätzlich sind Irene Kau's Ausdrucksformen durch die Umgebung
geprägt, in der sie sieh bewegt, sei es das Wolken - und Farbenspiel in
West-Florida oder das in besonderer Weise metaphysisch geprägte
Frankfurter Westend.Dabei setzt Irene Kau virtuos Farben und Formen
ein, um schließlich im Sinne einzelner Motive oder übergreifender
Themen zu intersubjektiv nachvollziehbaren Ergebnissen zu gelangen,
Gleichwohl werden Einfälle ständig Variiert, transportiert oder auch
wieder verworfen.Formen und Farben können in den Bildern von Irene
Kau geradezu explodieren und auf den Betrachter einstürmen. Auf den
ersten Blick scheinen die Werke von einem spontanen, impulsiven Prozeß bestimmt zu sein. Aber
spontan entstehen ihre Kompositionen selten. Vielmehr gehen lange innere Auseinandersetzungen -
manchmal sogar ein monatelanger intellektueller Diskurs voran.
Inspiriert von philosophischen, religiösen oder auch esoterischen Leitgedanken formieren sich
Bilder und finden in einer konsequenten Umsetzung ihren Ausdruck. Irene Kau gelingt es dabei, die
Kraft seelischer Energie auf verschiedene Weise bildlich darzustellen. Sie möchte damit den
Betrachter bewusst in eine lebendige Kommunikation einbinden und ihn anregen, trotz der
Alltagshektik wieder zu sich zu finden, indem er sich in die Bilder zurückzieht und in seinen
Gedanken mit ihnen spielt. Und dies gelingt Irene Kau auch. Längst vergessene Gefühle, Erlebtes,
Gesehenes wird in die Gegenwart transportiert. Vergangene und oft vergessene Kräfte leben neu
auf. Löst sich der Betrachter von der Assoziation und den Metaphern uni wendet sich der Analyse
der Formen und Farben in Irene Kau's Bildern zu, so treten folgende Elemente hei vor: Ruhigen,
geometrischen Formen stehen häufig lebhafte, ausladende plastische Gebilde gegenüber. Die
Pinselführung ist zumeist dynamisch und hinterlässt mitunter kaskadenhafte Strukturen. Dabei
verwendet Irene Kau häufig Archetypen, wie etwa den Kreis, de durch die Sonne und den Mond
schon in den menschlichen Urgemeinschaften als Symbol eine herausragende Stellung hatte. In
ihren Bildern wird er mitunter zum zentralen Element - aber nicht im Sinne des präzisen
Zirkelschlags. Vielmehr schweben die Kreismotive oft frei im Bild.Indem sie sich gegenseitig die
Position streitig machen, einander bedrängen, können sie sich gleichwohl zu kraftvollen Gebilden
formieren. So wie die Künstlerin auf markante, tiefe Gefühle weckende Urform zurückgreift, setzt
sie in besonderer Weise die Symbolkraft der Farben ein. So mag die Form das erste Wort haben -
das letzte hat die Farbe. So spricht auch Goethe von einer sinnlich-sittlichen Wirkung der Farbe.
Laut Goethe hat die Farbe eine sinnliche - d. h. sichtbare - und eine sittliche - d.h. wirksame
Komponente, wobei sich der Begriff des *Neben auf das Seelisch-Geistige des Menschen bezieht.
Irene Kau bewegt sich mit ihren Bildern in einem weiten, symbolträchtigen Farbenspektrum. Es
reicht von weichen Erdtönen - wie gelb, sand und ocker - bis hin zu
einem strahlenden dunkelblau, bei dessen Verwendung eine
Verwandtschaft mit den Werken des französischen Künstlers Yves
Klein anklingt, der einer der ersten Maler monochromer Bilder war.
Ausgangsmaterialien -der in diesem Katalog enthaltenen Bilder sind
Ölfarben und Acryl. Sie werden - insbesondere im Falle der
monochromen Bilder - mit spezifischen, lokalen Versatzstücken wie
Pigmenten, Marmorstaub und Quarzsand angereichert.
Besonders hervorzuheben sind die beiden Zyklen „Menschen" und
„Alles in Bewegung". Die Bilder aus dem Zyklus „Menschen" sind
geprägt von einer Farbskala und Formensprache aus leuchtender Helle und äußerster Knappheit.
Beruhigten, oft geometrischen Formen stehen bewegte, ausladende plastische Gebilde gegenüber.
Konstruktive Abstraktion geht einher mit einer hinter die Welt des Rationalen vordringenden
Meditation.
Abstrakte, farbintensive und lebhafte - aber auch monochrome, ruhigere Kompositionen aus dem
Zyklus „Alles Ist Bewegung" (1995-1997) dokumentieren Irene Kau's Auseinandersetzung mit dem
"r unsere Zeit so typischen Phänomen Bewegung.
Die Künstlerin spannt dabei den Bogen gemäß ihrer besonders feinen Wahrnehmung vermeintlich
all-täglicher Ereignisse. So thematisiert sie diesen Zyklus von vielen im Alltagsleben kaum mehr
wahrnehmbaren Qualitäten der sichtbaren Welt.
Sie handeln von Wachstum, Entstehung und Urkraft, aber auch von Stille und Muße, wonach in
unserer hektischen Zeit viele Menschen vergeblich suchen, die aber durchaus noch wahrnehmbar
und zumindest - in vielen Werken von Irene Kau Ihren Ausdruck finden.
Dr. Dagmar Altgeld-Peters